Am 25. Januar 2018 entschied der Bundesgerichtshof, dass durch die Tilgung einer Darlehensforderung in Barzahlung durch den Schuldner eine darin liegende Gläubigerbenachteiligung beseitigt wird, wenn der Darlehensgeber dem Schuldner erneut Barmittel zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stellt.
Der Kläger ist in dem am 10. August 2015 eröffneten Insolvenzverfahren Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners. Der Schuldner erteilte der Beklagten im Jahr 2012 in einer mit „Rückzahlungsvereinbarung“ überschriebenen Urkunde die Bestätigung, einen Betrag von insgesamt 23.500 Euro zuschulden. Dieser sollte bis zum 31. Dezember 2015 durch den Schuldner geleistet worden sein. Am 11. Juni 2015 erhielt der Schuldner aus einer Lebensversicherung eine Banküberweisung in Höhe von 25.000 Euro. Am 12. Juni 2015 zahlte der Schuldner die der Beklagten geschuldeten 23.500 Euro aus. Die Beklagte behauptete, unter Verwendung der erhaltenen Scheine, einen Barbetrag von 16.500 Euro am 13. Juni 2015 an den Schuldner zurückbezahlt zu haben. Im Wege der Insolvenzanfechtung forderte der Kläger von der Beklagten 23.500 Euro zurück.
Das Berufungsgericht führte in seiner Entscheidung aus, dass die Gläubigerbenachteiligung durch die von der Beklagten behaupteten Rückzahlung von 16.500 Euro nicht entfalle. Von einem Wegfall der Gläubigerbenachteiligung könne nur ausgegangen werden, wenn der Anfechtungsgegner mit der Rückzahlung den Zweck verfolge, den individuellen Rückgewähranspruch vorweg zu befriedigen. Der Anfechtungsgegner müsse hierfür das Entstehen eines Rückgewähranspruchs zumindest für möglich erachten. Dies sei jedoch nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.
Die Verbindlichkeit in Höhe von 23.500 Euro sei durch Zahlung des Schuldners erloschen. Durch die darlehensweise Rückzahlung der Beklagten an den Schuldner werde rechtlich ein Darlehen neu begründet, jedoch werde nicht das bereits getilgte Altdarlehen unverändert fortgeführt. Die Tilgung des Altdarlehens sei nach Auffassung des Berufungsgerichts insolvenzrechtlich anfechtbar, der Rückzahlungsanspruch aus dem Neudarlehen bilde aber eine bloße Insolvenzforderung.
Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Ausführungen des Berufungsgerichts rechtlicher Prüfung nicht standhielten. Es fehle dem zugrunde liegenden Sachverhalt eine Gläubigerbenachteiligung als Voraussetzung der Insolvenzanfechtung. Eine Gläubigerbenachteiligung sei dann gegeben, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse mehre oder die Aktivmasse kürze und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitele, erschwere oder verzögere und sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtung günstiger gestaltet hätten.
Die vom Schuldner getätigte Barzahlung an die Beklagte habe infolge des Vermögensabflusses eine objektive Gläubigerbenachteiligung bewirkt. Die zunächst eingetretene Gläubigerbenachteiligung könne jedoch nachträglich wieder behoben werden, soweit der Anfechtungsgegner den anfechtbar erhaltenen Gegenstand oder dessen vollen Wert in das Vermögen des Schuldners zurückführe. Die Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung setze nach Auffassung des Bundesgerichtshofs voraus, dass die Rückgewähr durch die Beklagte eindeutig den Zweck verfolge dem Schuldner den entzogenen Vermögenswert wiederzugeben und die Kürzung der Haftungsmasse ungeschehen zu machen. Zweckmäßig müsse es sich um eine vorweggenommene Befriedigung des individuellen Rückgewähranspruchs handeln. Dies könne dann angenommen werden, wenn der Anfechtungsgegner u.a. eine erhaltene Zahlung an den Schuldner zurückgewährt.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedeutet die nach der Zweckbestimmung der Erstattungsleistung vorgenommene Befriedigung des Rückgewähranspruchs nicht, dass dem Anfechtungsgegner die Anfechtbarkeit der an ihn bewirkten Zahlung bewusst gewesen sein muss. Der Bundesgerichtshof erläuterte, dass es genüge, soweit der Anfechtungsgegner dem Schuldner Vermögenswerte zukommen lässt, welche bestimmungsgemäß die angefochtene Leistung vollständig ausgleichen und dem Gläubigerzugriff offenstehen.
Die Beklagte stellte dar, dass die von ihr bewirkte teilweise Rückzahlung der empfangenen Barmittel die zuvor beim Schuldner bestehende Vermögenslage teilweise wiederhergestellt und folglich die eingetretene Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO insoweit ausgeglichen habe.
Dem Bundesgerichtshof zufolge genüge es grundsätzlich, wenn der empfangene Gegenstand dem Werte nach wieder in das Vermögen des Schuldners einfließe. Jedoch sei eine durch Überweisung ausgelöste Gläubigerbenachteiligung seitens des Empfängers nicht mit Hilfe einer zuvor vereinbarten Barrückzahlung rückgängig gemacht, da durch diese Maßnahme den Gläubigern der Zugriff auf das Schuldnervermögen erschwert wird. Im Streitfall sei dies indessen nicht gegeben.
Die angefochtene Entscheidung könne damit nicht bestehen bleiben. Sie sei teilweise aufzuheben. Die Sache sei an das Berufungsgericht zurückzuweisen, um abschließende Feststellungen zu treffen, ob die Beklagte den empfangenen Bargeldbetrag tatsächlich dem Schuldner in Höhe von 16.500 Euro zurückgewährt habe.
(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Januar 2018 – IX ZR 299/16)