Bundesgerichtshof entscheidet über die Anfechtbarkeit der Abtretung nach § 134 Abs. 1 InsO (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2018 – IX ZR 296/17).

Am 19. Juli 2018 stellte der Bundesgerichtshof fest, dass die Bestellung einer Sicherheit für eigene, begründete, künftig entstehende Verbindlichkeiten ebenso entgeltlich sei wie die Abtretung einer Forderung zur Erfüllung entgeltlich begründeter, künftig entstehender Verbindlichkeiten.

Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft, in der sich Anwälte zur Ausübung ihrer Berufe zusammengeschlossen haben, beriet die Schuldnerin in rechtlichen Angelegenheiten. Die Schuldnerin betrieb ein Autohaus und mietete Gewerbeflächen von der Beklagten an. Die Schuldnerin richtete die Gewerbeflächen mit den notwendigen Gegenständen aus. Das Mietverhältnis sollte vom 1. Februar 2002 bis zum 31. Dezember 2011 andauern. Die Vertragsparteien vereinbarten ein der Beklagten zum Ende des Mietverhältnisses zustehendes Wahlrecht. Die Beklagte konnte von der Schuldnerin entweder die Beseitigung der eingebrachten Gegenstände verlangen oder diese aber gegen Zahlung einer Abfindung zum Verkehrswert übernehmen. Bei erfolgloser Einigung über die Höhe der Abfindung sollte diese durch ein Schiedsgutachten festgelegt werden. Aufgrund wirtschaftlicher Probleme stellte die Schuldnerin den Betrieb des Autohauses im Dezember 2006 ein. Seit November 2006 leistete die Schuldnerin keine Mietzahlungen mehr an die Beklagte. Darüber hinaus trat die Schuldnerin Zahlungsansprüche, die sich aus der Ablösevereinbarung mit der Beklagten oder aus einem Freihandverkauf der Einrichtungsgegenstände an einen Nachmieter oder einen Dritten ergeben, an die Klägerin ab. Die Abtretung sollte der Erfüllung von Honoraransprüchen dienen, die der Schuldnerin im Jahr 2007 entstehen würden.
Im März 2007 kündigte die Beklagte gegenüber der Schuldnerin das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs und verlangte, dass die eingebrachten Gegenstände im Objekt verblieben. Die Schuldnerin gab die Mietsache am 22. März 2007 zurück. Die Beklagte und die Schuldnern beauftragten anschließend einen Sachverständigen mit der Ermittlung des Ablösebetrags, den dieser auf 250.000 Euro festsetzte. Im gleichen Jahr eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Die Klägerin meldete ihre Honoraransprüche i.H.v. 48.663 Euro zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter wählte hinsichtlich der Ablösevereinbarung die Nichterfüllung nach § 103 Abs. 1 InsO.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten Schadensersatz aus Delikt, mit dem Vorwurf diese habe kollusiv mit dem Insolvenzverwalter zusammengewirkt.

Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass gemäß § 134 Abs. 1 InsO eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar sei, sofern diese innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte. Die Abtretung der Forderung aus dem Mietvertrag durch die Schuldnerin sei wegen der damit verbundenen Vermögensminderung als Leistung einzustufen. Zudem erfolgte die Abtretung auch innerhalb von vier Jahren vor Antragstellung.
Für die Bestimmung der Unentgeltlichkeit einer Leistung sei nach Auffassung der Richter auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs des Anfechtungsgegners in Folge der Leistung des Schuldners abzustellen. Der Rechtserwerb sei vorliegend bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrags abgeschlossen. Es handele sich bei der abgetretenen Forderung der Schuldnerin aus dem Mietvertrag nicht um eine künftige, sondern um eine durch Ausübung des Wahlrechts durch die Beklagte aufschiebend bedingte Forderung. Eine aufschiebend bedingte Forderung entstehe nicht erst mit dem Eintritt der Bedingung. Jedoch befinde sich während des Schwebens der Bedingung das vollwirksame unbedingte Recht noch nicht im Vermögen des bedingt Berechtigten, wohl aber die bedingte Forderung, die rechtlich gesicherte und geschützte, abtretbare und pfändbare Anwartschaft auf das Recht. Eine Anwartschaft dieser Art bilde somit einen Vermögensgegenstand, der also schon mit der Abtretung aus dem Vermögen des Leistenden ausscheidet.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ging der Bundesgerichtshof nicht von einer unentgeltlichen Leistung aus, auch wenn die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Schuldnerin erst ab dem 6. November 2006 bis zur Insolvenzeröffnung entstanden und erst im Jahr 2007 fällig waren.
Der Bundesgerichtshof erklärte, dass eine nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar sei. Dies sei insbesondere dann nicht der Fall, wenn der Schuldner die entgeltlich begründete Verpflichtung von vornherein besichert. Dies gelte auch für die Abtretung erfüllungshalber zur Erfüllung einer entgeltlichen Verpflichtung, da hierdurch die gleichen Ziele verfolgt werden wie mit der Bestellung einer Sicherheit, bei der der Gläubiger nur vorrangig Befriedigung aus der Sicherheit suchen muss. Das Ergebnis ändere sich auch nicht, weil die Honorarforderung erst im Jahr 2007 entstanden oder fällig war. Daher ist die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete, künftig entstehende Verbindlichkeit ebenso entgeltlich wie die Abtretung einer Forderung erfüllungshalber zur Erfüllung entgeltlich begründeter, künftig entstehender Verbindlichkeiten.

Der Bundesgerichtshof verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2018 – IX ZR 296/17)