Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH ist nahestehende Person einer GmbH (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2016 – IX ZR 94/14).

Am 22. Dezember 2016 hat der Bundesgerichtshof darüber entschieden, dass eine GmbH & Co. KG gegenüber einer GmbH als nahestehende Person i.S.d. Insolvenzanfechtungsrechts gilt, wenn die Geschäftsführer beider Gesellschaften miteinander verheiratet sind (Az.: IX ZR 94/14).

Geklagt hat der Insolvenzverwalter einer insolventen GmbH (Schuldnerin). Bei der Beklagten hat es sich um eine GmbH & Co. KG gehandelt, deren Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin auch die Ehefrau des Geschäftsführers der Schuldnerin ist. Die Beklagte hat der Schuldnerin monatlich Verwaltungs- und Konstruktionsarbeiten in Rechnung gestellt. Diesen haben jedoch keine schriftlichen Aufträge oder Leistungsbeschreibungen zugrunde gelegen. Insgesamt hat die Schuldnerin 100.000 Euro an die Beklagte geleistet. Der Kläger begehrt auf Grundlage des Insolvenzanfechtungsrechts die Rückgewähr eines Teilbetrags von 50.000 Euro.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts habe der Kläger nicht beweisen können, dass die Zahlungen ohne Gegenleistung der Beklagten erfolgt seien, so dass es sich nicht um eine unentgeltliche Leistung gehandelt habe. Eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 InsO könne ebenfalls nicht angenommen werden, da das Gericht nicht feststellen konnte, ob die Beklagte Kenntnis eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin gehabt habe. Auch habe es sich nicht um eine der Schuldnerin nahestehende Person gehandelt.

Der Bundesgerichtshof hat hingegen klargestellt, dass ein Anspruch des Klägers nach § 133 InsO wegen vorsätzlicher Benachteiligung nicht ausgeschlossen werden könne. Bei der Beklagten und der Schuldnerin handele es sich um eine im Rechtssinne nahestehende Person. Nahestehende Personen können u.a. durch persönliche, gesellschaftsrechtliche oder ähnliche Gründe regelmäßig besondere Informationsmöglichkeiten über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners haben. § 138 Abs. 2 Nr. 3 InsO zitiert aus § 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO Personen, die in einer persönlichen Verbindung stehen. Dies trifft nicht nur auf die Ehefrau als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH, sondern auch gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 4 InsO auf die beklagte GmbH & Co. KG zu.

Nach der am 1. Juli 2007 in Kraft getretenen Neufassung des § 138 InsO durch das Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 kann die Auffassung, dass die Regelung des § 138 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur natürliche und nicht juristische Personen erfassen nicht mehr vertreten werden. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass § 138 Abs. 1 InsO keine Regelung enthält, unter welchen Voraussetzungen Gesellschaften natürlichen Personen nahestehen. Zur Schließung dieser Gesetzeslücke wurde § 138 Abs. 1 Nr. 4 InsO vom Gesetzgeber eingeführt. Somit gilt nach § 138 Abs. 1 Nr. 4 InsO, dass auch juristische Personen dann nahestehend sind, wenn der Insolvenzschuldner eine natürliche Person ist und er oder eine der in Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Personen Mitglied des Vertretungsorgans der juristischen Person ist.
Dies gilt entsprechend wie im Streitfall, wenn eine persönliche Verbindung über die Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH als der persönlich haftenden Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft hergestellt wird. Dabei soll es sich zumindest um eine vergleichbare gesellschaftsrechtliche Verbindung gehandelt haben, da der Schuldner der Beklagten die Möglichkeit gab sie über seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu unterrichten. Folglich hat es sich dabei um ein Näheverhältnis i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 4 InsO gehandelt.

(BGH, Urteil vom 22. Dezember 2016 – IX ZR 94/14)