Übertragung der Grundsätze der „Sanieren oder Ausscheiden“-Urteile auch auf die GmbH & Co. KG (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. April 2016 – 4 U 226/15).

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am 22. April 2016 die Grundsätze des Bundesgerichtshofs zu den „Sanieren oder Ausscheiden“-Urteilen für die GbR (BGH, Urteil vom 9. Juni 2015 – II ZR 420/13) und die OHG (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 – II ZR 240/08) auch auf eine GmbH & Co. KG übertragen (Az.: 4 U 226/15).

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat folgender Sachverhalt zugrunde gelegen: Die Klägerin, ein als GmbH & Co. KG strukturierter Immobilienfonds, hat gegen einen ihrer Kommanditisten geklagt. Die Höhe der eingetragenen Haftsumme war doppelt so hoch wie die der Pflichteinlage. Die Kommanditgesellschaft ist aufgrund des sich schlecht entwickelten Mietmarktes in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Deshalb haben die Gesellschafter beschlossen notwendige Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen. Dazu haben u.a. auch freiwillige Sanierungsbeiträge der Kommanditisten in Höhe der Differenz von geleisteter Pflicht- und eingetragener Hafteinlage gehört. Zudem haben die Gesellschafter den Ausschluss derjenigen Gesellschafter beschlossen, die den Sanierungsbeitrag nicht fristgerecht geleistet haben. Der Gesellschaftsvertrag hat Sanierungsverpflichtungen auch grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Der beklagte Gesellschafter hat jedoch die Zahlung verweigert, so dass sich die Gesellschafterversammlung mit großer Mehrheit auf den Ausschluss des sanierungsunwilligen Kommanditisten geeinigt hat.

Während das Landgericht Offenburg die Klage noch in erster Instanz abgewiesen hat, hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Wirksamkeit des Ausschlusses eines sanierungsunwilligen Gesellschafters und die Verpflichtung zur Zahlung bestätigt und die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Der Bundesgerichtshof hat in seinen „Sanieren oder Ausscheiden“-Urteilen für die GbR und OHG entschieden, dass ein Gesellschafter, sofern er die Teilnahme an Sanierungsmaßnahmen der Gesellschaft verweigert, treupflichtwidrig handelt. Dies sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe auch uneingeschränkt auf die Kommanditgesellschaft übertragbar. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat zunächst, entsprechend den Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zum Sanieren oder zum Ausscheiden eines Gesellschafters, die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit der GmbH & Co. KG festgestellt. Die Fortsetzung der Gesellschaft sei mit einem sanierungsunwilligen Kommanditisten unter den sanierungswilligen unzumutbar, denn der sanierungsunwillige Kommanditist wäre bei erfolgreicher Sanierung an dem Gewinn beteiligt.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat ein Alternativszenario aufgestellt, und zwar das der Gesellschaftsinsolvenz gegenüber dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft. Dabei hat es festgestellt, dass der sanierungsunwillige Kommanditist in keinem beider Szenarien schlechter stehen würde. Im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft würde es zu einer anteiligen Fehlbetragshaftung der Kommanditisten führen, so dass ihnen wegen der Zerschlagung des Gesellschaftervermögens künftige Gewinnchancen verwehrt blieben. Die Kommanditisten, die sich jedoch treuwidrig der Mitwirkung bei der Sanierung entziehen, können schließlich nicht auf künftige Gewinnpartizipationen zu Lasten der anderen Mitgesellschafter hoffen. Sie müssen nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe ihren Ausschluss aus der Gesellschaft und die Inanspruchnahme auf anteilige Fehlbetragshaftung hinnehmen, da ihnen bei Insolvenz oder Scheitern der Sanierungsmaßnahmen das gleiche wirtschaftliche Schicksal bevorstehen würde.

(OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. April 2016 – 4 U 226/15)