Steuerberater sind dazu verpflichtet den Geschäftsführer einer GmbH auf eine mögliche Insolvenzreife und die Prüfungspflicht durch den Geschäftsführer hinzuweisen (BGH, Entscheidung vom 26. Januar 2017 – IX ZR 285/14).

Am 26. Januar 2017 hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater dazu verpflichtet ist, den Geschäftsführer auf einen etwaigen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht des Geschäftsführers hinzuweisen (Az.: IX ZR 285/14).

Eine GmbH (Schuldnerin) hat den beklagten Steuerberater im Jahr 2005 beauftragt einen Jahresabschluss für das Jahr 2003 zu erstellen. Hierfür hat die Schuldnerin dem Beklagten den Jahresabschluss für 2002 übergeben, der einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag auswies. In den darauffolgenden Jahren hat die Schuldnerin den Beklagten jeweils Einzelaufträge zur Erstellung von weiteren Jahresabschlüssen erteilt, die ebenfalls nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aufwiesen.
In einem Anschreiben aus dem Jahr 2007 hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin verpflichtet sei, die Zahlungsfähigkeit der GmbH regelmäßig zu prüfen, ob diese weiterhin gewährleistet ist und keine Überschuldung droht oder vorliegt. In den folgenden Schreiben hat er auch auf einen Rückgang der Umsatzerlöse hingewiesen und auf ein erhöhtes Risiko der Überschuldung.
Im Jahr 2009 hat das Insolvenzgericht auf Eigenantrag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der Kläger hat festgestellt, dass die Schuldnerin über keine stillen Reserven verfügt hat und bereits seit 2002, jedenfalls aber seit Mitte 2005 insolvenzreif war. Die Schuldnerin war überschuldet und somit auch zahlungsunfähig.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der Schuldnerin und begehrt von dem Beklagten Schadensersatz nach §§ 280 I, 634 Nr. 4, 675 I BGB für die entstandenen Schäden durch die Insolvenzverschleppung der Schuldnerin. Der Beklagte habe die Jahresabschlüsse der Schuldnerin pflichtwidrig auf der Grundlage von Fortführungswerten und damit mangelhaft erstellt.

In der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof noch die Auffassung vertreten, dass die Haftung des Steuerberaters bei einem Insolvenzverschleppungsschaden nur dann auflebe, wenn dieser ausdrücklich mit der Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens beauftragt sei. Dagegen sei es nicht die Aufgabe eines Steuerberaters den Geschäftsführer bei einer handelsbilanziellen Unterdeckung auf eine Prüfungspflicht und auf eine möglich bestehende Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO hinzuweisen.
An dieser Rechtsprechung hält der Bundesgerichtshof nur noch teilweise fest.

Im folgenden Fall hat sich der Beklagte jedoch nicht durch die Hinweise einer bilanziellen Überschuldung und einer generellen Prüfungspflicht des Geschäftsführers in den Anschreiben entlasten können. Er hätte näher erläutern müssen, dass aufgrund der bilanziellen Überschuldung und den zunehmenden Verlusten Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit bestünden. Die Haftung ergibt sich im folgenden Fall aus §§ 280 I, 675 I BGB wegen der Verletzung von Hinweis- und Warnpflichten. Die Jahresabschlüsse haben in wiederholter Folge nicht von Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aufgewiesen. Deshalb war der Beklagte dazu verpflichtet, die Schuldnerin auf möglich bestehende Handlungspflichten gemäß § 17 ff. InsO hinzuweisen.

(BGH, Entscheidung vom 26. Januar 2017 – IX ZR 285/14)