Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis eines Außengesellschafters begründet Schadensersatzanspruch (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. September 2018 – II ZR 161/17).

Am 11. September 2018 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis des Außengesellschafters einer Innengesellschaft zu einem Pflichtverstoß führe, der am § 708 BGB orientierten Verschulden einen Schadensersatzanspruch begründet. Der Außengesellschafter müsse jedenfalls darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass durch den Pflichtverstoß kein Schaden an dem im Außenverhältnis von ihm in seinem Namen geführten Geschäften der Innengesellschaft eingetreten sei.

Der Kläger, der Beklagte und zwei weitere Beteiligte unterzeichneten ein auf den 1. Juli 1993 ausgestelltes Dokument. Bei dem Dokument handelte es sich um eine Erklärung aller Parteien zum gemeinsamen Grundstückserwerb zu gleichen Anteilen. Als alleiniger Käufer trat der Kläger auf. Alle Kosten und der Gewinn sollten anteilig getragen bzw. ausgeschüttet werden. Der Kläger behauptete, dass das Schriftstück im Zeitpunkt der Unterzeichnung aller vier Beteiligten bereits die handschriftliche Überschrift „Vereinbarung“ unter Streichung der Überschrift „Absichtserklärung“ trug.
Der Kläger forderte vom Beklagten die Zahlung von 30.075,98 Euro. Es handele sich hierbei um den nach Auflösung der Innengesellschaft auf die Beklagten entfallenden anteiligen Betrag, der sich aus dem Kaufpreis nebst Finanzierungskosten, den Erwerbsnebenkosten sowie den Aufwendungen für den Grundstücksunterhalt und ein dort geplantes Bauvorhaben abzüglich des aus der Veräußerung des Grundbesitzes erzielten Erlöses zusammensetze. Der Kläger verlangte vom Beklagten statt eines Viertels ein Drittel des errechneten Betrags, da einer der Beteiligten trotz umfangreicher Recherchen nicht mehr erreichbar sei und der andere nach einem mit dem Kläger geschlossenen Vergleich Ratenzahlungen leiste.

Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass der Anspruch des Klägers nicht begründet sei. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger neben dem alleinigen Auftreten nach außen auch die alleinige Geschäftsführung habe innehaben sollen. Die Geschäftsführung betreffe das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander, namentlich die Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen, wie etwa über den Erwerbs- und Veräußerungspreis sowie über Einzelheiten der Verwaltung des Grundbesitzes. Die alleinige Geschäftsführung folge also nicht aus der vom Kläger behaupteten Befugnis, als einziger nach außen auftreten zu dürfen. Darüber hinaus hätte im vorliegenden Fall auch eine Vereinbarung darüber getroffen werden müssen, dass der Kläger auch Grundlagenentscheidungen, wie die Veräußerung, allein habe treffen dürfen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sei die vom Kläger aufgestellte Behauptung, er habe alle Maßnahmen mit den Mitgesellschaftern abgesprochen, nicht ausreichend substantiiert.

Der Bundesgerichtshof führte dazu näher aus, dass der Kläger, der Beklagte und die anderen Beteiligten am 1. Juli 1993 eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet hätten, da sie sich zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich dem Erwerb zweier Grundstücke, deren Entwicklung und gewinnbringenden Veräußerung, zusammengeschlossen hätten. Bei der Gesellschaft handele es sich um eine Innengesellschaft mit dem Kläger als Außengesellschafter und den weiteren Beteiligten als Innengesellschafter. Der Kläger sei jedoch als einziger befugt gewesen, nach außen aufzutreten und er habe die Grundstücke im eigenen Namen erwerben sollen. Damit seien die typischen Merkmale einer Innengesellschaft erfüllt, nämlich die mangelnde Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr, der Verzicht auf die Bildung von Gesamthandsvermögen und das Fehlen einer Vertretungsregelung für die Gesellschaft (Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Juni 2018 – II ZR 205/16). In dieser Besonderheit bestehe das Wesen einer Innengesellschaft. Im Übrigen weise sie als eine besondere Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen vertraglichen Zusammenschluss zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks auf. Der Außengesellschafter führe die Geschäfte der Innengesellschaft im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis auf Rechnung der Gesellschaft.

Dem Kläger stehe auf Grundlage einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung ein Direktanspruch auf Zahlung eines Drittels des von ihm vorgetragenen Verlusts der Innengesellschaft gegen den Beklagten zu. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Auseinandersetzung einer Gesellschaft (§§ 730 bis 735) seien auch auf eine Innengesellschaft anwendbar.
Vor der Beendigung der beabsichtigten Entwicklung habe der Kläger die Grundstücke veräußert, so dass der vereinbarte Zweck unmöglich geworden sei. Bei der bestehenden Innengesellschaft sei kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen vorhanden. Die Gesellschaft sei somit mit ihrer Auflösung zugleich vollbeendet. Da kein zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen vorhanden sei, könne der Gesellschafter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sein beanspruchtes Guthaben auf Grund einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter geltend machen.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers nicht mit der Begründung hätte versagen dürfen, der Kläger sei für die kostenauslösenden Maßnahmen nicht allein geschäftsführungsbefugt gewesen. Aus dem Umstand, dass der Außengesellschafter die Geschäfte der Innengesellschaft im eigenen Namen führe, lasse sich nicht ableiten, der Außengesellschafter sei im Innenverhältnis allein geschäftsführungsbefugt, da die Innengesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen seien.
Die Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis führe nicht dazu, dass das Geschäft nicht mehr der Innengesellschaft zuzurechnen sei. Der Außengesellschafter führe die Geschäfte im eigenen Namen. Er verpflichte sich somit unabhängig davon, ob er die ihm im Innenverhältnis zukommende Geschäftsführungsbefugnis überschreite. Bei der Geschäftsführung der Innengesellschaft durch den Außengesellschafter sind die ihn im Außenverhältnis verpflichtenden, aber im Innenverhältnis auf Rechnung der Gesellschaft entstandenen Kosten der Innengesellschaft zuzurechnen.

Die Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis führe zu einem Pflichtverstoß, der bei Vorliegen eines am Maßstab des § 708 BGB orientierten Verschuldens einen Schadensersatzanspruch begründe. Der Außengesellschafter könne demgegenüber darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass durch den Pflichtverstoß kein Schaden an den im Außenverhältnis von ihm in seinem Namen geführten Geschäften der Innengesellschaft eingetreten sei. Soweit nach diesen Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch begründet sei, könne der auf der Basis einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung in Anspruch genommene Mitgesellschafter den Schadensersatzanspruch mit der gegen ihn geltend gemachten Ausgleichsforderung verrechnen. Der zum Schadensersatz verpflichtete Ausgleichsberechtigte müsse dann den von ihm zu vertretenden Verlust im Verhältnis zu dem im Innenverhältnis gemeinschaftlich betriebenen Geschäft alleine tragen. Andere Verluste träfen die Gesellschafter nach dem maßgeblichen Verlustverteilungsschlüssel.

Der Bundesgerichtshof hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. September 2018 – II ZR 161/17).